Slowfood - Ferdinand Böhm

foto: copyright regina trabold
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Im Zeichen der Schnecke

 

Slow Food – Fragen an Ferdinand Böhm, Vorsitzender des Conviviums Odenwald der internationalen Initiative für gute Lebensmittel 

Die internationale Bewegung „Slow Food“ steht für gute, saubere, fair gehandelte Lebensmittel. Sie wurde vor 25 Jahren von Carlo Petrini ins Leben gerufen, der später in Bra (Piemont) eine Hochschule der gastronomischen Wissenschaft gründete. Der Dieburger Ferdinand Böhm ist Vorsitzender des Conviviums Odenwald von „Slow Food“. Das lateinische Wort Convivium bedeutet so viel wie Tafelrunde. Böhm übernahm das Amt 2015. Er gilt als sachkundig, hat Freude am Genuss – mit gutem Gewissen. Er ist seit 13 Jahren Mitglied bei Slow Food. Wir haben ihn befragt.

 

Herr Böhm, was ist falsch am Burger?

Ferdinand Böhm: Nichts. Wenn er aus guten, frischen und möglichst regionalen Produkten gemacht ist. Der kulinarische Burger ist der aktuelle Küchentrend und in aller Munde – auch von Slow Food, wenn die Zutaten stimmen.

 

Slow Food, ist das so etwas wie eine Sekte?

Böhm: In keinem Fall. Bei uns kann jeder glücklich werden. Unser Credo: Gute, saubere und faire Lebensmittel.

 

Ist die Bewegung politisch?

Böhm: Wir sind keine Partei. Aber wir ergreifen sie, mischen uns ein, betreiben Lobbyarbeit, wenn es um gesunde Lebensmittel geht. Nehmen wir die Glyphosat-Diskussion. Die wird aufs Thema Krebs reduziert und vom eigentlichen Skandal abgelenkt. Glyphosat zerstört die Natur, denn die Chemikalie schadet nicht nur unerwünschten Pflanzen, sondern auch Flora und Fauna im Ackerboden.

 

Sehen Sie sich als Moralapostel?

Böhm: Der erhobene Zeigefinger ist nicht unser Markenzeichen, aber wir legen den Finger in die Wunde, sagen, was in die falsche Richtung läuft.

 

Wie schärfen Sie das Bewusstsein für gesunde Lebensmittel?

Böhm:  Wir setzen darauf, dass unsere Mitglieder Überzeugungsarbeit leisten, informieren. Viele Menschen suchen regionale Lebensmittel. Aber auch ich will nicht den ganzen Winter über Kohl und Kraut essen, sondern gern auch mal einen Seefisch.

 

Aus Aquakulturen? Die Meere sind doch fast leergefischt.

Böhm: Ich gebe zu, das ist und ein zweischneidiges Schwert. Denn einerseits schonen Fischfarmen den Bestand. Andererseits ermöglichen sie, Fisch industriell unter oft fragwürdigen Bedingungen zu produzieren.

 

Sind Vegetarier und Veganer auf dem richtigen Weg?

Böhm: Da mischt sich Slow Food nicht ein. Das muss jeder für sich entscheiden. Jeder kann seinen Platz bei uns finden.

 

Wie passt die Vielfalt der Esskulturen ins Weltbild der regionalen oder lokalen Erzeugung von Lebensmitteln?

Böhm: Unsere Mischmasch-Küche ist weltweit einzigartig. Das ist auch dem mitteleuropäischen Klima geschuldet. Wir sind da  im Vergleich mit dem Mittelmeerraum  sehr eingeschränkt. Regionale und saisonale Produkte wurden bei uns zurückgedrängt zugunsten industriell erzeugter Lebensmittel. Heimisches wird gerade wiederentdeckt. 

 

Das hat dazu geführt, dass wir im Supermerkt im Winter Erdbeeren bekommen.

Böhm: Ein Apfel aus Südafrika hat eine bessere CO2-Bilanz als einer von hier. Klima hin, Klima her; ich bevorzuge trotzdem den heimischen Apfel.

 

Wie begeistert Slow Food den Nachwuchs für gesunde Lebensmittel?

Böhm: Ein schwieriges Feld.  Slow Food ist unterwegs…

 

Im bewährten Tempo seines Maskottchens…

Böhm (lacht): Nein, nein. Jugendarbeit nehmen wir sehr ernst. Beispiel: In Hamburg bereitet ein Mitglied täglich 3000 Kindergartenessen nach Slow-Food-Kriterien zu. Das geht. Auch unter marktwirtschaftlichen Bedingungen. Wir setzen auf die Jugend. Sie muss begreifen, wie sie sich gesünder ernähren kann.

 

Was soll das mit der Schnecke?

Böhm: Die Schnecke als Symbol für Slow Food steht nicht nur für langsam, sondern auch für nachhaltig. Sie soll den Unterschied zu Fast Food sympathisch bewusst machen. Aber die Langsamkeit haftet uns als Image an. Die Bewegung ist 25 Jahre alt, hat etwas angestoßen. Bei unseren öffentlichen Veranstaltungen beschäftigen wir uns mit den Produkten. Es wird mehr aufgeklärt. Die Wirkung ist freilich schwer messbar.

 

Mitglied werden

Wer sich für „Slow Food“ interessiert und Appetit auf weitere Informationen hat, besucht Veranstaltungen des Conviviums Odenwald. Ferdinand Böhm ist unter 06071 1227 oder ferdinandboehm@t-online.de zu erreichen; mehr dazu unter www.slowfood.de