Besuch bei Heinz und Rolf Freiberger in Heppenheim
Ein süßlicher Duft liegt über dem Wingert. Ein deutliches Zeichen, dass die Weinblüte im vollen Gang ist. Der Wein befruchte sich selbst, habe männliche Staubgefäße und weibliche Fruchtknoten, erfahre ich von den beiden Heppenheimer Winzern Rolf und Heinz Freiberger beim Besuch des Schlossbergs, von dem aus der Blick direkt über die Altstadt geht. Die grüne Dolde nennt der Winzer „Gescheine“, wohl deshalb, weil es den Anschein hat, dass es eine Traube gibt. Schon die Anzahl der Gescheine am Trieb lasse Prognosen für den neuen Jahrgang zu. Entscheidend aber sei die Blüte, denn der Fruchtansatz gebe Aufschluss für die Menge.
„Wenn man dran klopft, fällt nur das Käppchen ab“, demonstriert Rolf Freiberger an einer Traube das Stadium. Die gelben In ein paar Tagen werde sich erst zeigen, wie viele Trauben aus der Blüte wachsen werden. Es sei normal, wenn sich ein Teil der 100 bis 150 Fruchtansätze nicht entwickele und abfalle. Der Winzer nennt das verrieseln. Eine kalte Nacht reiche, um die Blüte zu verlangsamen und die Entwicklung zu stören. Denn wenn die Beeren nicht befruchtet werden, wirft sie die Rebe ab. Dann riesel t es. Folge: Umso weniger Beeren zur Reife bleiben, desto weniger Wein gibt es. So wichtig dieser Vorgang ist, so wenig lässt er sich beeinflussen.
Rolfs Cousin Heinz nennt den Riesling eine Mimose, weil er gerade im Blütestadium sehr anfällig sei. Als die Rebstöcke am Schlossberg gesetzt wurden, sei er noch ein Kind gewesen. Die Reben sind schon mehr als 50 Jahre alt. Der Riesling steht auch bei Freiberger mit 47 Prozent der gesamten Rebfläche von 16 Hektar an erster Stelle. Zum Freibergerschen Weinangebot gehören neben dem Riesling, Grauer und Weißer Burgunder, Chardonnay , Kerner, Gewürztraminer und nicht zu vergessen der Silvaner, der vor 100 Jahren an der Bergstraße noch dominiert habe.
1926 haben die Urgroßeltern Heinrich und Elisabeth den Betrieb gegründet. Damals noch als Kolonialwarenladen, wo – ein Hinweisschild von damals zu lesen – donnerstags früh Wellfleisch und am Abend frische Wurst angeboten wurde. Oma Elisabeth, erzählt Heinz Freiberger, sei die erste Bergsträßer Weinkönigin gewesen. Sie hatten vier Kinder. Die beiden Söhne Herbert und Heinz übernahmen 1963. Deren Söhne Heinz und Rolf sind heute die Inhaber. 1987 wurde der Tante- Emma-Laden geschlossen, weil Freibergs voll und ganz auf den Wein setzten. 1980 heiratete Heinz Elisabeth. Die beiden haben zwei Töchter, eine arbeite bei der Sparkasse, die andere studierte Weinbau in Geisenheim. Charlotte Freiberger spielt leidenschaftlich gern Geige und Klavier, war ein Jahr lang Gebietsweinkönigin der Hessischen Bergstraße und wurde im Herbst 2017 Deutsche Weinprinzessin.
Weingut Freiberger
Hermannstraße 16
64646 Heppenheim
06252 2457