Meister der Aromen

fotos: copyright regina trabold
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Der Wiener  Erwin Gegenbauer versorgt die großen Küchen dieser Welt mit Essig

 

Der  Wiener Essig-Fabrikant Erwin Gegenbauer hat ganz klein angefangen, nachdem der große Konserven-Konzern seines Vaters unter dem Marktdruck der Discounter zerbröselt worden war. Seit 1929 steht auch heute noch stolz auf den Produkten, die das Label des Essigbrauers Gegenbauer tragen.  Ein Traditionsunternehmen demnach. Der Wiener erzählt mir gern und nicht zum ersten Mal, wie er nach dem Zusammenbruch des Unternehmens bei null begann und eher zufällig die Aromawelt des Weins zu der des Essigs werden ließ.  Er musste umdenken von der Masse ins Kleine,

Ohne elterliche Hilfe wär’s wohl schwer geworden. Er spricht von einem Sprung ins Wasser.  Inzwischen sind es die feinsten Auslesen, die in seiner Manufaktur zu edlen Essigen werden. Getragen war er zunächst vom Gedanken, dass es „Essig wird mit dem Essig, ich sicherheitshalber die Deutschen einbeziehen muss, weil Wien immer gut geht“. Am Wiener Naschmarkt machte er die ersten Gehversuche mit einem Produkt, das vor zwei Jahrzehnten vielen noch ausschließlich als Putzmittel diente. „Ich wurde beschimpft und beleidigt, weil ich den Essig als Nahrungsmittel anbot“, erzählt er. Wie wertvoll der wertlose Essig war, stellte erst heraus, als ihn die essverständigen Gourmets entdeckten. Dann ging’s  steil nach oben.

„Wertvoll kann auch eine Kartoffel sein“, schwärmt der Essigfabrikant, wenn man sie zelebriere. Bamberger Hörnchen beispielsweise gehören zu seinen favorisierten Erdäpfeln. Eine Almbutter koste zwar mehr, sei aber eine eigene Art von Bescheidenheit, wenn man es verstehe, sich bewusst zu ernähren. „Ich möchte mit meinem Essig Freude schenken“, sagt er im Brustton der Überzeugung

 

Gegenbauer ist sich der Gratwanderung zwischen Purismus und Snobismus durchaus bewusst. Er frage sich immer wieder, ob er nicht schon zu abgehoben sei und  eine Köstlichkeit  für Menschen herstelle, „die nicht mehr wissen, was sie noch alles haben wollen“.  Vielleicht ist  es diese Rückbesinnung, die ihn hat eine Stufe zurückschalten lassen.  „Ich hatte plötzlich Schiss, dass es mit den Sterneküchen nicht mehr weitergeht“, erzählt er offen von Panikattacken, die man ihm in seiner betonten Lockerheit gar nicht abnehmen will