28. März 2020

 

 

Nicht zu fassen

 

Angehörige und Freunde dürfen nicht zu den Alten ins Heim, weil sie das Virus einschleppen könnten. Das ist schmerzhaft, aber einzusehen und richtig. Das Pflegepersonal aber, das sich rund um die Uhr kümmern muss, wird scheinbar weder getestet noch  ausreichend geschützt. Auch der AWO in Südhessen droht offenbar das Material auszugehen. Das bestätigt  Sprecher Sven Klingelhöfer auf Anfrage. Die Beschaffung von Schutzanzügen und -masken oder Desinfektionsmittel sei problematisch, und es würden astronomische Summen für Artikel aufgerufen, die noch vor ein paar Wochen für Cent-Beträge erhältlich waren, sagte Klingelhöfer und an die Adresse der Wucherer: „Die Zeiten werden sich wieder normalisieren, und dann wissen wir, wer in der  Krise als verlässlicher Partner an unserer Seite  gestanden hat.“ Noch schwieriger als die Organisation von Material scheint freilich die der ohnehin viel zu dünnen Personaldecke. Für die Mitarbeiter wird derzeit ein Höchstmaß an Leistungsbereitschaft  gefordert. Und bis auf demonstrativen Applaus haben Pfleger bisher für ihren Einsatz nicht einen Euro mehr erhalten. Es sind nicht nur viel zu wenige Betreuer und Pfleger im Einsatz (dazu kommt, dass sich viele mit einem nicht diagnostizierten Infekt sicherheitshalber krank melden).  Ziel der Kontaktsperre war, genau die Gruppe der besonders gefährdeten Alten zu schützen. Doch an dieser Stelle droht ein sperrangelweites Loch im Sicherheitssystem – und der Beobachter gewinnt den Eindruck, dass es in Kauf genommen wird.  Nicht zu fassen. von reiner trabod

 

 

 

25. März 2020

 

Denkanstoß

 

Es gibt ein paar Dinge, die mir ziemlich zu denken geben:

 

In diesen Krisenzeiten tun sich weltweit viele Schwachstellen auf. Katastrophenschützer haben sich auf todbringende Ernstfälle vorbereitet, wissen wie ganze Regionen evakuiert, Hilfsbrücken und Notlager gebaut und Sandsäcke gefüllt werden. Ein Virus überfordert sie offenbar. Das hochgepriesene Gesundheitswesen ächzt vorausschauend auf das, was da noch kommen soll. Und offensichtlich mangelt es nicht nur an Beatmungsgeräten, Schutzmasken und Anzügen, sondern vor allem am qualifizierten Personal, das in den vergangenen Jahren nicht nur schlecht bezahlt auch noch ausgedünnt wurde. Zwar soll der direkte Kontakt mit anderen unterbunden werden. Selbst nahe Verwandte dürfen nicht mehr in Kliniken und Senioreneinrichtungen, weil sie das Virus einschleppen könnten. Aber Pfleger gehen mit oder ohne Corona ein und aus.

 

Der Versorgungskollaps ist nicht mehr abzustreiten. Wer nicht gleich am Beginn der Krise gehamstert, sondern sich darauf verlassen hat, dass alles vorhanden ist, kann sich jetzt noch nicht einmal mehr einen Kuchen backen. Denn Mehl ist weg - wie das Toilettenpapier. Es wird inzwischen kontingentiert und rationiert wie in schlimmsten Kriegs- oder Nachkriegszeiten. Die ganze Gesellschaft plötzlich von der Rolle. Wie das? Haben Leute die Regale leergekauft, um in der Not ihre scheiß Geschäfte mit dem Geschäft zu machen?

 

Schule und Kitas geschlossen. Kinder mussten untergebracht und beaufsichtigt werden. Es zeigt sich, dass die Ganztagsschule weniger Bildungs- als Beaufsichtigungseinrichtung für Kinder berufstätiger Eltern ist. Lehrer haben schnell reagiert und ihren Unterricht umgestellt. Schüler werden jetzt via Internet zu Hause mit Aufgaben und Tests versorgt. Die dürfen sie am PC der Eltern erledigen, wenn die im Homeoffice mal eine Pause einlegen. Trotz eines Milliardenprogramms des Bundes ist es bis heute nicht gelungen, alle Schüler mit Hard- und Software so auszustatten, dass sie jetzt daheim ihre Schulsachen erledigen können. Viele Lehrer tun so, als sei – frei jeder pädagogischer Vorbereitung – Unterricht einfach von analog auf digital umzustellen. Das ist ebenso dreist wie fatal für alle, die nicht die offenbar vorausgesetzten Bedingungen erfüllen. Klar ist auch, dass die Eltern neben dem Management der Krise jetzt auch noch ihren Kindern beim Home-Learning helfen müssen. Danke dafür.

 

Die Liste der Unzulänglichkeiten ließe sich verlängern. Beispielsweise um den Hinweis, dass die Müllentsorgung an ihre Grenzen stößt, weil in der Krise viele endlich das entsorgen, was sie schon immer mal entsorgen wollten. Oder dass Gartenpflanzen rar werden, weil gegärtnert wird wie noch nie. Wohl dem, dem Corona Zeit gibt, Luft zu holen und sich zu besinnen auf Dinge, die wirklich wichtig sind im Leben. Nicht immer höher, schneller, weiter wie beim ebenfalls verschobenen Olympia. Nicht der nächste Flugurlaub, sondern das Leben mit der Familie in Frieden zu Hause. Vielleicht war es höchste Zeit für einen Denkanstoß. von reiner trabold

 

 

 

 

20. März 2020

 

Kampf dem Virus

 

Wo habe ich mir diesen verdammten Schnupfen geholt, der mich eine Woche lang gequält hat? Wo hole ich mir die Grippe ab? Da kann doch Covid-19 nicht mehr weit sein. So ist das mit diesen Viren. Sie sind mit bloßem Auge nicht sehen kann, aber da. Ich habe mir vorgenommen, mich nicht anstecken zu lassen von der allgemeinen Panik. Ich setze auf Hygiene statt auf Hysterie, beobachte und wundere mich aber, wie sich auch besonnene Menschen auf eine häusliche Quarantäne einrichten, Lebensmittel hamstern und die Regale in den Märkten leerfegen, mit anderen beim Discounter an den Kassen drängen, aber Großveranstaltungen meiden. Auch jene Menschen, die sich bisher weigerten, sich gegen die alljährlich übers Land ziehende Grippe noch nie haben impfen lassen, werden mitgerissen. Wir wissen: Gegen das „neuartige“ Virus ist noch kein Impfstoff gefunden. Ältere Menschen und solche, die es 1968 überlebt haben, erinnern sich noch an die „Hongkong-Grippe“. Eine Pandemie, also eine weltweite Seuche, die damals das öffentliche Leben der westlichen Welt paralysierte. Hoffnung macht mir, dass der Klimawandel (der in den Schlagzeilen schnell hinter das Virus trat) Corona durch einen frühen Frühling den Garaus machen könnte. Denn Wärme und Trockenheit mögen sie gar nicht, die kleinen Biester. Ich hoffe also, dass der Sommer kommt (Frühling ist ja schon seit Herbst) und uns erlöst vom Infekt. Bis zur neuen Welle im nächsten Winter (falls es mal wieder einen geben sollte) ist – meine Hoffnung – ein Impfstoff gefunden. Dann lasse ich mich wieder gegen Grippe impfen. Reiner Trabold