Hausmacher

 

Das Siegel sagt mir, dass etwas zuverlässig selbstgemacht ist. Fatto in casa, so der Italiener. Von einer „casalinga“, der Hausfrau, erwarte ich heimlich, dass sie mich bekocht wie meine Mama. Ein Traum, verpackt in ein Kompositum, das ich kaum zu deuten weiß. Casa, das ist zu Hause. Das „Linga“ interpretiere ich als Nichtitaliener als „lingua“, was Zunge und Sprache meinen kann. Ist es nicht so, dass nicht in fast allen Fällen die Hausfrau kocht? Und die hausgemachte Wurst ist meist vom Metzger und schmeckt deshalb so hausgemacht, weil sie eben nicht zu Haus gemacht ist? Somit ist das Qualitätsmerkmal in den meisten, wenn auch nicht allen Fällen Etikettenschwindel. Ähnlich verhält es sich mit dem anheimelnden Begriff „regional“. Er suggeriert mir Vertrautes, die Gegend, in der ich mich auskenne, der ich vertrauen kann. Hier bin ich zu Hause. Heimat. Meist wird nicht oder im Kleinstgedruckten erwähnt, aus welcher Region das Regionale kommt. Oft sind es Gegenden und Plätze, die ich gar nicht kennen möchte. Besser ich weiß als Verbraucher nicht, aus welcher Großschlachterei das Stück Fleisch kommt, das mir als Regionales angedreht wird? Es lohnt sich, genauer hinzuschauen und den Schwindel zu erkennen. Der makellose, saftige Apfel kommt nicht von hier, sondern beispielsweise aus der Region Altes Land im Norden. Die freilaufenden Hühner picken und scharren nicht auf einer grünen Wiese, sondern laufen frei mit Tausenden ihrer Artgenossen in einer Halle in irgendeiner Region. Und was lernen wir? Nicht alles ist von Hause aus regional hausgemacht. Reiner Trabold