4. August 2018

 

 

Arm dran

 

Schlagzeile in der „Welt“:  „Deutsche Konzerne wachsen so schnell wie lange nicht“. Vor allem die Umsätze legen deutlich zu. Die Arbeitslosenzahlen so niedrig wie selten zuvor. Die Wirtschaft brummt. Deutschland hat es geschafft. Ich freue mich, hier zu Hause zu sein. Alles Gut?  Wäre da nicht der dem Deutschen eigene Negativismus.  

 

Allein ein Dürre-Sommer reicht aus, um einer übersättigten Gesellschaft eine Hungersnot suggerieren wie einen bösen Geist. Weniger Weizen, weniger Brötchen (wird der Teig dieser Fertig-Backlinge überhaupt noch aus Weizen gemacht?), k(l)eine Kartoffeln, teurere Pommes (ein Horror für das Volk der Germanen, das die Fritten vor 50 Jahren noch gar nicht kannte), Missernten allerorten. Der Klimawandel zeigt sich überdeutlich, aber die Menschheit scheint wie gelähmt. Die Landwirtschaft streckt bettelnd die Hand aus nach staatlicher Hilfe. Egal. Uns geht es gut.

 

In all dem das Geschachere um die Zukunft von Menschen, die zu uns kommen, weil sie hier das rettende Paradies zu finden hoffen, aber in die Hölle geraten. Ich will nicht die vergessen, denen es in dieser Zeit der Prosperität am Rande des Wohlfahrtstaats richtig dreckig geht. Ein Skandal. Etwas mehr Demut wäre angebracht auf Seiten derer, die mehr ernten, als ihnen zugestanden sein sollte. Ich frage mich, wie es kommen kann, dass es manch einen gerade jetzt in die braune Hassecke treibt, er seinem privaten Rechtsruck Ausdruck verleiht und er das Establishment attackierend mit vielen anderen „Wir sind das Volk“ krakeelend durch die Straßen zieht. 

 

Wie erklärt es sich, dass immer mehr Menschen, schwierige gesellschaftliche Probleme mit einfachsten Lösung glauben bewältigen  zu können und sich Populisten wie  der AfD zuwenden? Es siegt die Kunst Komplexes in wenigen Worten dahinzuzwitschern – und sei es noch so falsch.  Armut allein ist es jedenfalls nicht, die den Alternativen die Gunst des Volkes  zuschaufelt. Und ich frage mich, was wäre, wenn der Wachstumsmotor stottert und absäuft. Mir wird bange beim Gedanken, wo eine in weiten Teilen von asozialen Medien gesteuerte Gesellschaft die Schuldigen sucht und findet, wenn es nicht mehr so gut geht in diesem Land, in dem Milch und Honig fließen, aber die nörgelnde Unzufriedenheit allgegenwärtig ist. von Reiner Trabold