22. August 2021
Grobe Fehler
„Deutschlands Sicherheit wird auch am Hindukush verteidigt.“ Diese Fehleinschätzung des deutschen Verteidigungsministers Peter Struck ist fast 20 Jahre alt. Es waren die Amerikaner, die nach dem Trauma des 11. September 2001, dem verheerenden Anschlag auf die Twintower in New York, in Afghanistan einmarschierten, um dem islamistischen Al-Qaida-Terror den Nährboden zu entziehen. Die Nato-Partner, unter ihnen die Bundesrepublik, gingen mit dem Segen der Vereinten Nationen mit. Zum Krieg gegen Irak sagte Bundeskanzler Gerhard Schröder noch entschlossen Nein und zog sich den Zorn nicht nur Washingtons zu. Es hat sich gezeigt, dass beide Auseinandersetzungen militärisch, auch humanitär nicht zu gewinnen waren. Das grundlegende Problem Afghanistans war und ist nicht zu lösen, das unzugängliche, auch politisch zerfurchte Land weder mit Waffengewalt noch mit Menschlichkeit zu befrieden. Zermürbt, geschunden und müde haben die Alliierten die Waffen gestreckt – und den Taliban den Weg freigemacht. Ein Desaster für all die im Land, die auf den Westen bauten. Das Kommando zum Rückzug der Nato aber ging von denen aus, die den größten Beitrag erbrachten, den Amerikanern. Jetzt so zu tun, als habe deutsche Politik versagt, ist nicht korrekt. Es war – wie im Irak – ein grober Fehler, ohne konkreten Plan vorzugehen. Es war ein noch größerer Fehler zu gehen. Unverantwortlich wäre freilich gewesen, wenn die Deutschen sich diesem Rückzug nicht angeschlossen hätten. Die Fehleinschätzung der Lage ist zwar peinlich und schwer zu begreifen, aber ebenfalls nicht allein den Deutschen anzulasten. Es war ein fataler Trugschluss zu glauben, mit den Gotteskriegern verhandeln zu können. Es sind viele Lehren zu ziehen, doch die Zeche zahlen jene, die im Stich gelassen wurden. Reiner Trabold