28. Mai 2019

 

 

Fliegen wir?

 

 

Die Frage nach Alternativen zu Bahn und Auto stellt sich kaum noch. Durch die Luft ist’s meist am günstigsten, sein Ziel zu erreichen. Der Flug spart nicht nur Geld, auch Zeit und Staus gibt’s allenfalls beim Einchecken. Und die Umwelt? Es ist bekannt, dass die Fliegerei die Erdatmosphäre belastet. Es hat uns viel zu lange nicht geschert, wenn wir verträumt Kondensstreifen hoch am Himmel nachschauten. Fluggeräte stören erst, wenn sie uns nahekommen. Beim Start, bei der Landung nehmen wir sie wahr, denn dann sind sie laut. Heben wir im Flieger ab, lassen wir alle Umweltbedenken hinter und unter uns. Dass Flüge unschlagbar günstig geworden sind, ist einerseits Folge eines gnadenlosen Verdrängungswettbewerbs am Himmel, andererseits der Tatsache geschuldet, dass Kerosin im Gegensatz zu Benzin oder Diesel nicht versteuert wird. Zwar unterliegen Flüge in Europa dem Emissionshandel, doch hat international kein Verkehrsträger niedrigere Klimaziele als der Flugbetrieb. Umgerechnet auf Passagiere ist die CO2-Bilanz günstig. Würde man endlich eine Steuer aufs Flugbenzin erheben, könnte damit dem Preisdumping der Lüfte ein Riegel vorgeschoben werden, denn das Fliegen würde teurer. Das steuerte einen Beitrag zur Entlastung der Erdatmosphäre bei. Klar, dass das nicht so einfach ist, wie es sich hinschreibt. Sonst wäre die Steuer längst da. Sie ist aber nicht mit einem Federstrich einzuführen. Fürs Fliegen gelten nämlich verbindliche internationale Abkommen, die sich - so wichtig und richtig es wäre – nicht ohne Weiteres außer Kraft setzen lassen. Alle Welt will billig fliegen. Ich finde: zu billig. Reiner Trabold

 

 

Rezos Medium

 

 

Das Internet verändert die Welt. Und das ist erst der Anfang. Die Plattform YouTube verändert die Welt, in jüngster Zeit auch die Politik. Da mischen sich auf einmal Leute ein, die Parteien bisher gar nicht auf dem Schirm hatten. Sie nennen sich Rezo oder auch anders. Sie ziehen in einer Weise vom Leder, dass einem Hören und Sehen vergehen. Was haben Politiker in der Vergangenheit Versuche unternommen, die Plattformen zu erobern. Schauen wir uns mal die altbackenen Homepages der Parteien an. Gähnende Langeweile. Jetzt treten schillernde Leute an, die es verstehen, die Sprache derer zu sprechen, die Politik bisher anödete, Digger. Und auf einmal sind sie da mit bitterbösen Kommentaren, geradezu rücksichtslos loser Zunge. Nur zu gern hören vor allem bisher unpolitische Jugendliche, was von jungen Leuten im Netz gequatscht wird, weil sie die Sprache verstehen.  Das haben die sogenannten Volksparteien bis jetzt nicht verstanden, und so erklärt sich auch die unbeholfene Reaktion auf Rezo – nachdem sein Auftritt vor der Europawahl zunächst ignorieren, die Welle aber zum medialen Tsunami wurde. Dass CDU-Chefin Kramp-Karrenbauer nun YouTubern und Bloggern mit „Regeln“ Vorschriften machen will, ja, dass man überhaupt die enorme Reichweite eines gar nicht so neuen und gar nicht so sozialen Mediums zur Kenntnis nimmt, unterstreicht die ganze Unbeholfenheit. Das alles erinnert mich an den „Zauberlehrling“, der etwas von der Leine lässt und plötzlich feststellt, dass er nicht nur den Zauberspruch vergessen hat, sondern mit den Auswirkungen völlig überfordert ist. Solange sich das Netz mit schlauen Ratgebern und Sketchen selbst unterhielt, musste man es ja nicht ernst nehmen. Doch nicht erst seit gestern und Rezo sollte jedem klar sein, dass unkontrollierte Medien den Mob unberechenbar politisieren können. Das birgt Gefahren. Wer deshalb Regeln fordert, gerät umgehend in den Verdacht, regulieren zu wollen, und damit in Konflikt mit dem im Grundgesetz garantierten Recht auf Meinungsfreiheit. Dabei wird gern vergessen, dass auch Meinungsfreit ihre Grenzen haben muss, wenn sie die Rechte anderer missachtet. Doch dazu zählt bestimmt nicht, wenn man von einem Rezo die Meinung gegeigt bekommt. Wie gesagt: Ist erst der Anfang. Reiner Trabold

 

 

27. Mai 2019

 

Europa nach der Wahl

 

Die Schlacht ist geschlagen. Europa lebt, wie die erfreuliche Beteiligung an der Wahl zeigt. Aber sie hat die EU geschwächt, weil die Nationalisten auf breiter Front im Vormarsch sind. Erschreckend die Ergebnisse in Italien, in Ungarn, Belgien, in Groß-Britannien, wo ein Farage die Unzufriedenen hinter sich gesammelt hat. Und von denen gibt es auf der Insel genug, zudem nach dem fehlgeschlagenen Versuch, sich aus der ohnehin nie festen Umarmung der europäischen Union zu lösen. Ich will den Grünen ihren Erfolg gönnen. Zu erklären ist er nur zum Teil aus der politischen Stärke eine Oppositionspartei, sondern eher aus der Schwäche der GroKoalitionäre. Der SPD will es nicht gelingen, aus ihrer Bereitschaft Kapital zu schlagen, der Demokratie nach dem Scheitern von Jamaika als Rettungsanker beizuspringen. Im Gegenteil. Die Versuche, dem Regierungswirken soziale Züge zu verleihen, das ehrenhafte Eintreten für Niedriglöhner, Altersverarmten, Wohnungssuchende oder Flüchtlinge, noch nicht einmal die überfällige Abkehr von Hartz IV kann die Abwärtsbewegung signifikant aufhalten. Die Sozialschwachen wählen sie jedenfalls nicht. Was soll die SPD auch tun, wenn beispielsweise eine FAZ noch am Wahltag verbreitet, Juso-Chef Kühnert habe „aus heiterem Himmel“ BMW „verstaatlichen“ wollen? Wenn sogar eine Zeitung mit dem Anspruch auf Seriosität so definitiv Falsches über die „alte Tante“ SPD verbreitet, muss man sich nicht wundern, wenn sich die Volksseele von ihr abwendet. Dazu kommt eine Parteivorsitzende Nahles, die eher spaltet als eint. Dass allein die Grünen den Anschein erwecken dürfen, sie könnten Klima und Natur vor den Menschen retten, ist eine weitere Erklärung für deren Wahlerfolg. Die Union hat vor der Wahl bewiesen wie hoffnungslos überfordert sie mit einem YouTuber wie Rezo ist. Sie hätte mehr Federn gelassen, wenn nicht die CSU in Bayern wiedererstarkt wäre. Europa braucht neue Impulse, vor allem eine strukturelle Reform. Die Abstrafung der Volksparteien bei der Wahl eines europäischen Parlaments darf nicht bedeuten, dass jetzt alles so weiterläuft, nachdem sich die Verlierer die Wunden geleckt und unter erschwerten Bedingungen neue Mehrheiten zustande gebracht haben. Der Auftrag muss lauten, die Gemeinschaft besser zu organisieren, den Rechtspopulisten geeint entgegenzutreten und klarzumachen, dass Solidarität sich nicht allein auf wirtschaftliche Interessen beschränken darf.  Reiner Trabold

 

 

 

19. Mai 2019

 

Unglaublich

 

Auf drei Seiten breitet die „Süddeutsche“ aus, wie der österreichische FPÖ-Politiker und Vizekanzler Heinz-Christian Strache in die Falle tappt. „Es ist ein unglaubliches Video“ beginnt die Dokumentation. Ich finde vielmehr unglaublich, wie sich ein Politiker so schamlos von einer angeblichen russischen Oligarchennichte bestechen lässt. Aber was heißt schon unglaublich? Rechtfertigt es nicht alles Misstrauen gegen Politiker? Beweist es nicht, dass sie Russen mitmischen? Wie in den USA. Als „gezieltes politisches Attentat“ hat es der Rechtsaußen Strache bezeichnet. Die Bombe hat nicht nur ihn, sondern auch die Koalition in Wien zerrissen. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) blieb nichts anderes übrig, als einen Schlussstrich zu ziehen und scheint fast erleichtert, dass der Spuk mit der FPÖ vorbei ist. Weil die SPÖ für eine GroKo nicht zu haben ist, wird die Republik wahrscheinlich neu wählen müssen. Mag sein, dass der deutsche Satiriker Jan Böhmermann daran beteiligt war, das Gespräch Straches 2017 in einer Villa auf Ibiza heimlich aufzuzeichnen. Denn dass er das Video kannte, hat er durch mehrere Andeutungen wissen lassen. Nur wusste das keiner einzuordnen. Unglaublich eben. Der Zeitpunkt für die Veröffentlichung des Skandals ist gut gewählt. Das politische Erdbeben eine Woche vor der Europawahl bringt die nationale Rechte sicherlich ins Wanken. Aber wie die Reaktion der deutschen AFD zeigt, versucht man den Fall Strache als Fehlverhalten eines Einzeltäters zu individualisieren. Schändlich, wie sich der Vizekanzler vor der Wahl in Österreich dazu verlocken ließ, mit russischen Millionen das Boulevardblatt „Kronen-Zeitung“ (so etwas wie „Bild“ in Deutschland) und damit die Medienlandschaft in der Republik nach ungarischem Muster zu kontrollieren. Es zeigt sich, dass die Internationale der Nationalisten und Populisten jedes Mittel recht ist, an die Macht zu gelangen, Europa aufzumischen und ins Zeitalter der Einzelstaaterei zurückzuschicken. Es kann einem Angst und Bange werden. Diesem Gesindel gilt es entschieden entgegenzutreten. Nicht nur in Österreich bietet sich nun Gelegenheit dazu. Reiner Trabold

 

 

 

 

Ohne Plaste

 

 

Warum eigentlich nicht? Eine Nation, die sich zu Recht was darauf einbildet, getrennt zu sammeln und zu entsorgen, macht sich auf, auf Kunststoffverpackung weitgehend zu verzichten. Endlich. Es ist Ausdruck eines verordneten Hygienewahns, dass alles und jedes in einer Folie sauber verpackt sein muss. Es hat noch eine Ursache: Durch die Kunststoffeinhüllung werden viele Waren länger halt- und genießbar. Ideal für die Vorratshaltung sowohl der Ver- als auch der Einkäufer. Im Supermarkt können Lebensmittel bis zum Haltbarkeitsdatum angeboten werden, der Konsument kann seinen Einkauf auf einen Gang in der Woche begrenzen und hat für zu Hause alles im Körbchen. Das unterscheidet die Verpackung in einem hygienisch einwandfreien Papier. Für alle, die ihren Einkauf Zuhause in hygienisch ebenso unbedenklichen Behältern im Kühlschrank deponieren, gilt das natürlich auch. Es kann nur Unbekümmertheit und die Gewissheit sein, dass das Verpackungsmaterial im Gelben Sack wiederverwertbar ist. Irrtum. Längst nicht alles lässt sich recyceln, bestenfalls der Pyrolyse zuführen und in Rauch aufgehen. Wir vertrauen blind darauf, dass in der Müllverbrennung verdächtige Spaltprodukte in der Rauchgaswäsche abgefangen werden und nicht in die Atmosphäre gelangen. Papier, in dem Fleisch, Wurst, Käse und Gemüse eingepackt werden, ist ohne Weiteres kompostierbar. Dass Waren nicht in Folie verpackt werden müssen, sondern lose in Papiertüten gekauft und danach in Vorratsbehälter umgefüllt werden können, wird bereits erfolgreich praktiziert. Notwendig ist nur ein Umdenken. Beim Getrenntsammeln haben wir das doch auch hinbekommen. Befreien wir uns von der Plaste-Verpackung. Reiner Trabold

 

 

 

 

 

5. Mai 2019

 

 

Klimaschutz leicht gemacht

 

 

Die aktuelle Diskussion um eine Steuer auf den Ausstoß des Treibhausgases Kohlendioxid CO2 untermauert, was die Friday-for-Future-Bewegung in Massen auf die Straße treibt: Die Politik streitet darüber, wie sich die Verschmutzung bremsen ließe, anstatt zu Handeln. Für die Grünen und auch die SPD mit Umweltministerin Svenja Schultze gilt das Verursacherprinzip. Sie basteln an einer CO2 -Steuer, während die CDU auf „Emissionszertifikate“ setzt, die versteigert werden könnten. Wer dann die Atmosphäre über eine zuvor festgelegte Grenze belastet, muss bezahlen. Klar, dass der am ehesten zahlen und damit die Umwelt belasten dürfte, der es sich leisten kann, also das notwendige Geld hat. Die Steuer hingegen würde alle gleichermaßen belasten, aber auch die wäre für reiche Bürger eher zu leisten als für arme. Ganz abgesehen davon fragt man sich, warum Autos immer schwerer und größer werden müssen. An einem Streit über den besseren Weg zum Klimaschutz kann man sich festbeißen. Das kostet Zeit, die uns davonläuft - und es passiert nichts. Wie einfach wäre es, den CO2 -Ausstoß wirksam zu verringern, indem sich endlich die Einsicht durchsetzt, dass der motorisierte Verkehr weniger fossile Treibstoffe verbrennt. Ein Tempolimit auf den ohnehin chronisch vom Schwerverkehr überlasterten Fernstraßen ist überfällig. Und wenn wir schon beim Verbieten sind: Billigflüge, überhaupt Flüge, gehören wohl zum Klimaschädlichsten überhaupt. Fragt sich doch wohl, ob wir uns noch den Massentourismus durch die Luft erlauben wollen – oder können. Ähnliches gilt übrigens für viele Kreuzschiffer, die schädliche Auspuffgase in die Saubere Seeluft und damit in die Atmosphäre pusten. Problem: Mit einfachen Problemlösungen macht man sich keine Freunde, was das Zögern der Politiker erklärt. Von Reiner Trabold

 

 

4. Mai 2019

 

Unter Druck

 

Zum Tag der Pressefreiheit kann man sich als Journalist schon mal seine Gedanken machen, auch als Redakteur im Ruhestand. Nicht nur weil weltweit mit den neuen Medien eine starke Konkurrenz erwachsen ist und selbst Fake-News inzwischen als Journalismus gelten. Wer die angebliche „Lügenpresse“ zum Teufel wünscht, verfügt wohl über eigene Wahrheiten. Der eigentliche Gegner der Pressefreiheit ist der manipulierte Leser. Der Leser, der sich verweigert, weil er meint der bessere Journalist zu sein, selbst recherchieren zu können, der sich dank Wikipedia nahezu allwissend wähnt. Anstelle von Allgemeinwissen und Bildung gibt es Facebook, YouTube, Google und andere Maschinen, die sich auf die Suche nach Wahrhaftigkeit machen, um die Welt zu erklären. Dann ist da das wachsende Heer der Informationsschaffenden, der Blogger und anderer Menschheitsbeglücker. Das Netz beschenkt uns online mit allem unmittelbar, was schon vergilbt wäre, wenn es aus der Druckerpresse rattert. Die eigentliche Gefahr für „die Presse“ (worunter Menschen wie ich immer noch das gedruckte Wort verstehen) in unserer Gesellschaft ist die Ignoranz und der Irrglaube, auf dieses wichtige Stück Kultur, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Kontrollfunktion verzichten oder ihn sich kaufen zu können. Das Korrektiv Journalismus ist nicht abkömmlich. Wie die Mächtigen mit meinungsfreien Journalisten umgehen, sie verfolgen, zu disqualifizieren versuchen, verdächtigen, behindern, ins Loch stecken, in die Luft sprengen oder sonst zum Schweigen bringen, ist Beweis genug, dass sie sich gestört oder im autoritären Handeln beeinträchtigt sehen. Schlimm finde ich, dass ein wertvolles, mit großem Einsatz erfochtenes Gut wie nachforschender, der Glaubwürdigkeit verpflichtete Journalismus oft behandelt wird, so als sei er verzichtbar und im Netz wohlfeil. Nur wenige bedenken, dass es Zeitungen ebenso wie Online-Beiträge zum Preis eines lausigen Espresso gibt, ohne billig zu sein. Von Reiner Trabold

 

 

Rebell Kevin

 

Warum muss man sich eigentlich erregen, wenn ein junger Sozialist sich zum Sozialismus bekennt? Was ist so ungewöhnlich daran, dass der notorisch aufmüpfige SPD-Nachwuchs, vornehmlich sein Vorsitzender Kevin Kühnert, zu dem steht, was die Jusos seit jeher wollen? Dass sie Altvorderen der Partei, sie waren ja auch mal jung und stürmisch, mit ihm hadern, hat natürlich mit dem Zeitpunkt so kurz vor der Europawahl zu tun. Da kommt es bei Sozialdemokraten gar nicht gut an, dass der rhetorisch begabte und ideologisch geschulte Kevin der gebeutelten Partei zum Start in die heiße Phase des Europa-Wahlkampfs eine Sozialismus-Debatte auszwingt, die die Genossen Stimmen kosten wird. Dass Kühnert im ZEIT-Interview einer Kollektivierung großer Unternehmen wie beispielsweise BMW (er hätte auch VW sagen können) und einer Vergesellschaftung von Wohneigentum das Wort redet, ist keineswegs ein „Ego-Trip“, wie mancher in der SPD meint. Es gehört vielmehr zu dem, was die Gesamtpartei bei ihrer Selbstfindung durchaus interessieren müsste: Wie frei ist die SPD auf der Seite, auf der sie ja einen nicht ganz unerheblichen Teil an die Linke der Lafontaines und Wagenknechts verloren hat? Was mir wichtig ist: Die meisten, die sich über den Rebell Kühnert auslassen, haben als 68er ihren Marx unterm Arm selbst mal ebensolche oder zumindest ähnlich versponnene Vorstellungen artikuliert, um damit eine in überkommenen Strukturen verhaftete Gesellschaft herauszufordern und zu verändern. Schon vergessen? Schon vergessen auch, dass die heutige SPD-Chefin Andrea Nahles noch in den Neunzigern auf einem Flugblatt mit vorgehaltener Pistole eine Ausbildungsplatzumlage („Wer nicht ausbildet, wird umgelegt“) einforderte. Die Großkoalitionäre sollten weniger aufgeregt reagieren. Von Reiner Trabold

 

 

3. Mai 2019

 

Roller-Traum

 

Ist das künftige Stadtauto ein per Akku betriebener Tretroller? Vieles, wenn nicht alles deutet darauf hin, dass dem E-Scooter die Zukunft im nahen Nahverkehr gehört. Damit bekommt das E-Bike im Stadtverkehr Konkurrenz. Es passt in die schnelllebige Zeit, dass sich Fußgänger mit elektrischer Hilfe beschleunigt ins Verkehrsgetümmel stürzen wollen. Möglichst schnell zum Ziel kommen. Ein Traum erfüllt sich. Zum Nachteil aller, die an dieser Form der Mobilität nicht teilhaben können oder wollen. Noch wird darüber diskutiert, welche Freiräume sich der Scooter erobert - und welche er anderen wegnimmt. Scooter können zum Beispiel Fußgängern auf Bürgersteigen oder in Fußgängerzonen, Radfahrern auf Radwegen, Kindern, Behinderten, älteren und in ihrer Mobilität eingeschränkten Menschen in die Quere kommen. Die haben ein Recht auf Schutz vor denen, die ihren Aktionsradius mit vergleichsweise preiswertem Gerät ausweiten wollen. Ein Blick in Städte, in denen bereits Tausende der E-Roller unterwegs sind, ad hoc gemietet und achtlos abgestellt werden können, zeigt die Dimension einer sich anbahnenden Bewegung. Sie kann uns schnell überrollen, wenn der Bundesrat am 17. Mai die Verordnung von Elektrokleinfahrzeugen so passieren lässt, wie sie Verkehrsminister Scheuer vorschwebt. Wenn es so kommt, wie viele erwarten, dann können Individualmobilisten auf bis zu 20 km/h schnellen Flitzern schon bald zwischen E-Bikern, Skatern und Segwayern umherwuseln, auf verstopften Straßen an Staus vorbeidüsen – helmfrei versteht sich. Da die Dinger Bremsen haben, stoppt die Lawine, bevor sie Fahrt aufnimmt. von Reiner Trabold

 

 

 

1. Mai 2019

 

Armes Mosambik

 

Zyklon auf Zyklon trifft den Südosten Afrikas. Nicht alle haben die Gewalt von „Idai“, dem dieser Tagen „Kenneth“ folgte. Mosambik, eines der ärmsten Länder der Erde im Südosten Afrikas, ist schonungslos getroffen, überschwemmt, verwüstet worden. Das Ausmaß der Katastrophe ist bei uns im austrocknenden Mitteleuropa, rund 14000 Kilometer entfernt, in dramatischen Fernsehbildern nur zu erahnen. Die schlimmste Bedrohung für die Bewohner vor allem der Küstenregionen sind weniger die ungeheuren Wassermassen, die der tropische Wirbelsturm über dem Land auskippte, sondern die Seuchen, die sich bei mangelnder Versorgung mit sauberem Wasser und Nahrungsmitteln rasant ausbreiten. Was mich noch mehr bewegt als die Not, das Elend und die Hilflosigkeit, ist die Tatsache, dass die Welt fast taten- und hilflos zuschaut, wie vor allem Kinder von der Cholera bedroht und dahingerafft werden. Während Wassermassen das Land fluten, tröpfeln die Spenden. Wo bleibt die entschlossene Hilfe der Weltgemeinschaft für das bettelarme Land? Nur zögerlich scheint die Hilfsmaschinerie anzulaufen. Hilfsorganisationen hatten gerade mit der Arbeit begonnen, als der nächste Zyklon vom Indischen Ozean aufs Land traf. Auch wenn inzwischen Spenden und Sachleistungen geflossen sind. Gemessen dran, dass für den Wiederaufbau von Notre Dame, der abgebrannten Kirche im Herzen von Paris, „spontan“ beachtliche 800 Millionen Euro zusammenkamen, weil ein paar Milliardäre die Schatulle öffneten, sind die Notgroschen von Unicef und anderen engagierten Organisationen für das getroffene Mosambik ein Tropfen auf den heißen Stein.  von reiner trabold