Otto Guthier und die Sterne

fotos: copyright regina trabold
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Porträt:

Im Viniversum vereint der Chef der Bergsträßer Winzer eG -

seine Leidenschaft für Wein und Universum

 

Februar 2019

 

Von Reiner Trabold

 

HEPPENHEIM. Bis Otto Guthier im Gespräch zum Thema Sterne kommt, vergeht einige Zeit. Davor steht das Thema Wein und die Winzergenossenschaft, bei er 25 Jahre als Geschäftsführer arbeitete. Zum Jahreswechsel ging er in den Ruhestand und übergab die Geschäfte an Dr. Patrick Staub.

Die Genossenschaft mit ihren mehr als 400 Mitgliedern ist in Guthiers Ägide zum kerngesunden Unternehmen gewachsen, hat sogat den Bau des Viniversums für sechs Millionen Euro gestemmt. Guthiers teilt sich den Erfolg mit seinem Mitstreiter, dem Vorsitzenden Reinhard Antes.

 

„Es würde mir was fehlen ohne den Weinberg“, gestand mir Otto Guthier, als wir vor fünf Jahren zusammen mit dem Wagen auf dem Erlebnispfad „Stein und Wein“ unterwegs sind. Auch wenn er als Geschäftsführer aufhörte, er bleibt dem Wein verbunden, schon als Vorsitzender des Weinbauverbands Hessische Bergstraße. Auf dem Steinkopf hat Guthiers 2006 den Sauvignon Blanc aufgestockt, in dem Jahr, als Vater Leonhard starb. 1959 sei er dabei gewesen, als sein Vater den ersten eigenen Wein anpflanzte. Damals ein Riesling. Nach 47 Jahren kam er raus, der Sauvignon Blanc rein.

 

1977 haben sich Dagmar und Otto Guthier auf dem Winzerfest in Bensheim kennengelernt. Als Kinder wurden sie in Heppenheim keine 500 Meter voneinander entfernt groß. „Ich durfte als Bub ihrer Oma mal Blumen bringen“, erinnert sich Otto. Die Großmutter war Ärztin. Dagmar arbeitete in Mainz in der Kinderklinik. Otto Guthier wollte schon als Kind Winzer werden. Aber er geriet auf Abwege. Denn bereits in Jugendjahren faszinierten ihn die Sterne, speziell die Kometen. Er kam bei Jugend forscht bis in den Bundeswettbewerb, studierte ab 1973 in Hamburg Astronomie, stellte freilich fest, dass das Studienfach auf Mathematik und Physik aufbaute. „Nicht meine Welt“, sagt Guthier, aber die Faszination Weltall blieb.

 

Zum Wein kam Otto Guthier 1977 zurück, als er bei Heinrich Hillenbrand ein Praktikum im Staatsweingut in Bensheim machte. Er studierte in Geisenheim, Dagmar war in Mainz, wo die Kinder Nadine und Björn geboren wurden. Nadine war Bergsträßer Weinkönigin, ist heute Lehrerin, Björn arbeitet als Mechatroniker bei Siemens. Es ist also Caroline, die den Weinbau in die nächste Generation trägt. 2015/126 wurde sie Deutsche Weinprinzessin.

Von 1982 bis 91 arbeite Guthier im Weingut Schloss Westerhaus in Ingelheim. Dann kamen zwei Jahre Meersburg am Bodensee, wo er als stellvertretender Betriebsleiter im Staatsweingut arbeitete.

1993 war die Stelle in Heppenheim ausgeschrieben. „Wir haben viel diskutiert, ob wir das machen sollen. Dann haben wir in der Heimat die Zelte wieder aufgeschlagen.“ Zunächst in Hambach. Dann zog die Familie zum Schwieger-Papa, der 1994 starb. Otto Guthier findet im Gespräch immer wieder zurück zum Groß-Projekt Viniversum, dem „Ausrufezeichen für die Bergstraße“, bis seine Frau einhakt.

 

Dagmar Guthier stellt fest, dass ihr Mann ja nicht nur Geschäftsführer einer riesigen Winzergenossenschaft, sondern im Ehrenamt auch noch Vorsitzender des Weinbauverbands, in der Raiffeisenorganisation sowie erster Mann im Verein Bergsträßer Weinmarkt sei, der alljährlich eines der größten regionalen Volksfeste organisiert. Und dann sei da noch die Leidenschaft für die Astronomie. Die Winzer sei ja auch noch im Vorstand der exklusiven Vereinigung der Sternfreunde.

 

„Das Teleskop ist eingemottet“, sagt Guthier. Seit 2006 hatte er fast keine Zeit mehr, das Riesenfernrohr (40 Zentimeter Öffnung, zwei Meter Brennweite) ins Auto zu packen und den offenen, klaren Himmel zu suchen. „Er ist bis nach Südfrankreich gefahren, weil sich dort die Wolkendecke öffnete“, sagt Ehefrau Dagmar. Für seine Leidenschaft war er oft auf der Tromm, in der Schweiz, drei Mal in Namibia, in Australien. Chile steht noch auf dem Plan. „Am Sternenhimmel ist was los“, schwärmt Guthier. Er hat die Kometen Hale Bopp und Hyakutake beobachtet und fotografiert, als die an der Erde vorbeizogen. Die Fotos hängen gerahmt im Wohnzimmer. Er sei immer auf der Jagd gewesen. „Jeder hat eine Macke“ gibt Otto Guthier zu. Wie auch immer. Seine Leidenschaft für den Wein und das Universum sind im Viniversum vereint.

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