Meister des „Hock“

fotos: copyright regina trabold
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Der Rieslinge des Hochheimer Winzers Gunter Künstler zählt zum  Besten, was  Deutschland  zu bieten hat 

 

Gunter Künstler  ist schon ganz oben, will aber noch höher hinaus. „In die Weltklasse“, nennt der  Rheingauer Winzer aus Hochheim am Main sein Ziel. Seine Stärke (wie könnte es im Rheingau anders sein?) ist der Riesling. Für den bekommt Künstler beste Noten. Seine Weinkollektion gehört zur Spitzengruppe des Rheingaus. Der Name ist Programm. Gunter Künstler schaut zurück, wenn er ehrgeizig  nach vorn schaut.

Um 1900 waren die Rieslinge, die unter dem Begriff „Hock“ zum Beispiel vom Londoner Weinhaus  Berry Brothers angeboten wurden in der Qualitäts- und Preiskategorie auf Augenhöhe mit den Clarets aus dem Bordeaux oder mit Champagnern. „Früher hatte der Riesling eine andere Kaufkraft. Vom Preis für ein Fass konnte man sich ein Haus bauen“, sagt Gunter Künstler und zeigt die „List of Wines“ der Berry Brothers.  Der Rheingau war fest in der Hand der Aristokratie, in Wiesbaden kurten Kaiser, Zaren und Könige - und  tranken natürlich Riesling. „Hier in der Gegend ist viel passiert“, sagt Künstler. Er hat einschlägige Literatur parat, die das belegt, die hohe Qualität und das Alterungspotential hervorhebt, das damals über dem der Bordeaux gelegen habe.

„A good Hock keeps off the doc“ lautet ein Spruch, der Queen Victoria nachgesagt wird. Sicher ist, dass er sich das „Hock“ auf den Hochheimer Wein bezieht, aber die Rieslinge des Rheingaus gemeint waren. In Hochheim am Main und damit kurz vor den Toren Frankfurts endet der Rheingau, eigentlich ein Widerspruch. Aber tatsächlich thront das Städtchen auf einem Bergkegel an der Stelle, wo der Main in den Rhein fließt. Die 35 Kilometer, die der Rhein von hier nach Westen fließt, bieten Weinbau an den vor dem kalten  Nordwind geschützten Hängen des Taunus optimale Bedingungen. 76 Prozent der Weinlagen sind als „Erste Gewächs“ klassifiziert. Seit 1994 ist Künstler Mitglied im Verband deutscher Prädikatsweingüter (VDP).

Das Weingut ist seit  1648 im Familienbesitz. Aber seine Wurzeln sind 80 Kilometer nördlich von Wien. Untertannowitz  heißt heute Dolni Dunajovice und liegt in Tschechien. Franz Künstler wurde aus seiner Heimat vertrieben, verlor alles und kam 1951 mit nichts nach Hochheim. Er gründete das Weingut erst 1965 neu, fing mit vier Hektar an, baute auf sein strenges Qualitätsdenken und setzte sich damit durch. Er hatte Erfolg, kaufte Hektar für Hektar dazu. Der Grundstock wurde erweitert, als Künstler weitere zwölf Hektar in der Lage „Hölle“ erwerben konnte. Inzwischen sind es 40 Hektar.  1992 gab Franz Künstler den Betrieb an seinen Sohn Gunter ab. Seit 2006 ist das Weingut auf dem Gelände der früheren Sektkellerei Bergoff in Hochheim zu Hause.