Andreas Larem will in den Bundestag    + INTERVIEW

8. September 2020

Messeler Bürgermeister vom SPD-Vorstand einstimmig als Kandidat nominiert

Andreas Larem (55), seit zehn Jahren Bürgermeister in Messel, will nach Berlin. Der SPD-Vorstand Darmstadt-Dieburg hat ihn heute in einer web-Konferenz einstimmig als Kandidaten für den Wahlkreis 186 nominiert. Die endgültige Entscheidung trifft ein gemeinsamer Parteitag der Unterbezirke Darmstadt und Darmstadt-Dieburg Anfang Dezember 2020. Wie zu hören ist, will für Darmstadt der Wixhäuser SPD-Vorsitzende Kevin Trah-Bente (26) antreten. Wie die Chancen des jungen Mannes einzuschätzen sind, ist unklar. Bei einer Wahlniederlage würde Larem zunächst Bürgermeister in Messel bleiben, denn er ist noch bis 2022 gewählt.

 

Larem ist zuversichtlich, dass er im kommenden Jahr für die SPD in den Bundestagswahlkampf zieht. Ob er dabei auf die Mühltaler Abgeordnete Dr. Astrid Mannes (CDU) trifft, ist noch offen. Denn Mannes ist nach ihrem eher blassen Auftritt in der Bundeshauptstadt noch nicht wieder nominiert. Die frühere Mühltaler Bürgermeisterin hatte sich 2017 äußerst knapp gegen ihre Roßdörfer Amtskollegin Christel Sprößler (SPD) durchgesetzt. Sie habe ihm ihre volle Unterstützung versprochen, sagte Larem.

 

Mit der Wahl von Astrid Mannes ging der Darmstädter Wahlkreis an die CDU, nachdem ihn Brigitte Zypries über drei Wahlperioden für die SPD verteidigt hatte. Zum Wahlkreis 186 gehört auch die Heimatgemeinde von Andreas Larem, Eppertshausen. Larem, Politiker und Kaufmann, gilt als versiert und ehrgeizig. In seiner Zeit als Bürgermeister in Messel hat er die kommunalen Finanzen in Ordnung gebracht, ist im Kreistag und war auch stellvertretender Vorsitzender der Sozialdemokraten im Unterbezirk Darmstadt-Dieburg. Dessen 22köpfiger Vorstand hat ihm jetzt das Go für Berlin gegeben.

von reiner trabold

 

 

Interview mit Andreas Larem

 

Herr Bürgermeister, Sie haben neue Ziele ins Auge gefasst. Warum wollen Sie Messel den Rücken kehren?

Andreas Larem: Zunächst möchte ich darauf hinweisen, dass ich vom Vorstand des Unterbezirks Darmstadt-Dieburg für die Kandidatur vorgeschlagen werde. Entscheiden muss ein gemeinsamer Parteitag mit der Stadt Darmstadt. Wahrscheinlich Anfang Dezember. Wegen Corona ist noch nicht sicher, wie die Mitglieder zusammenkommen.  Messel werde ich keinesfalls hinter mir lassen, sondern mich neuen Zielen zuwenden. Nach zehn Jahren Rathaus suche ich eine neue Herausforderung. Was liegt da näher als das ferne Berlin?  In der Bundespolitik lässt sich für eine Gemeinde wie Messel auch noch einiges bewegen. Vor allem aber für die Region einschließlich ihres Mittelpunktes Darmstadt. Die Stadt muss viel enger mit dem Umland zusammenarbeiten. Das kann ich als Abgeordneter im Wahlkreis moderieren.

 

 

In Messel alles erledigt?

Larem: Als Verwaltungschef, früherer Gemeindevertreter und gelernter Kaufmann sehe ich mich als politischen Allrounder. Als solcher habe ich viele Aufgaben zum Wohle der Gemeinde abgearbeitet. Der damals hochdefizitäre Haushalt ist saniert, viele Projekte sind erfolgreich abgeschlossen. Dabei denke ich an die Altenpflege und Kinderbetreuung, die Baugebiete Wentzenrod 1 und 2. Dass die Gemeinde mit der Welterbe-Stätte Grube Messel endlich auch einen vorzeigbaren Bahnhof hat, war mir wichtig. Vieles ist erledigt, und das mit einem deutlich verkleinerten Mitarbeiterstab im Rathaus.

 

 

Und was wäre noch zu bewegen?

So wie ich mich vor Ort seit vielen Jahren für die Region und für Darmstadt einsetze, werde ich es auch als Abgeordneter im Bundestag. Mir ist nicht nur Messel ans Herz gewachsen, mein Interesse geht weit über die Gemeinde hinaus. Dabei liegt mir vor allem daran, dass die Leistung der Volksvertreter auf der kommunalen Ebene mehr anerkannt werden. Dort sehe ich nämlich die Basis für eine gesunde Demokratie.

 

 

Und konkret in Messel?

Messel braucht in unmittelbarer Nähe zum Besucherzentrum des Welterbes dringend ein Übernachtungsquartier für Gäste, die sich das Besucherzentrum, aber auch das Heimatmuseum mit seinen Funden in der Gemeinde anschauen wollen. Wegen der Bebauung des früheren Nachtclub-Geländes im Ortsteil Grube stehe ich seit Jahren in enger Verbindung mit dem Besitzer, aber auch den Verantwortlichen der Baubehörden. Das darf nicht aus dem Blick geraten. Wenn ich nach Berlin gehe, wird eine Nachfolgerin oder ein Nachfolger die Bestrebung weiterführen. Gegen die für die Gemeinde viel zu hohe Belastung, die sich aus der Unterstützung für das Unesco-Welterbe ergab, habe ich mich erfolgreich gewehrt.

 

 

Wie steht es überhaupt um die Welterbestätte Grube Messel?

Sie ist mir eine Herzensangelegenheit. Nicht nur weil ich im Zweckverband Abfallverwertung (ZAW) engagiert bin. Dem Unesco-Welterbe mehr Gewicht zu geben, war stets in meinem Interesse. Diese Aufgabe gebe ich gern weiter und signalisiere von Berlin aus Rückendeckung. Denn die Grube ist von nationaler, ja sogar von internationaler Bedeutung. Nicht auszudenken, wenn die Fossiliengrube, in die das Senckenberg-Institut seit vielen Jahren paläontologisch erforscht mit Abfällen verfüllt worden wäre. Ich sehe mich als Anwalt der Fundstätte genauso wie für den Heimatverein mit seinem Fundus an Fossilien wie dem Urpferdchen, dem das Museum Senckenberg und das Landesmuseum in Darmstadt großen Raum geben.

 

 

Was verbindet Sie mit Darmstadt?

Als Politiker aber auch als Privatperson habe ich konstruktive Beziehungen zu Darmstadt immer gepflegt. Politisch sehe ich mich in der Tradition der früheren Wahlkreis-Abgeordneten und Justizministerin Brigitte Zypries. Als Beispiel für gemeinschaftliche Projekte verstehe ich die Anbindung des Busses ans Darmstädter Verkehrsnetz. Auch in puncto einer gemeinsamen Verkehrsplanung werde ich mich für meinen Wahlkreis verstärkt um Lösungen kümmern. Auf die  Aufgaben, die als Abgeordneter des Bundestages auf mich warten, freue ich mich richtig.

 

 

reiner trabold

 

 

 foto: copyright regina trabold